Pandemiestrafrecht
Die Corona-Pandemie hat nicht nur zu einer bislang kaum für möglich gehaltenen Einschränkung von Grundrechten geführt, sondern auch eine Vielzahl von neuen Strafbarkeitsrisiken mit sich gebracht. Sowohl das Geschäfts- als auch das Privatleben ist betroffen.
Subventionsbetrug
Im Zuge der Coronakrise hat der Bund zahlreiche Hilfsprogramme und Corona-Soforthilfen auf den Weg gebracht. Die Antragsverfahren wurden jeweils durch die Länder geregelt und bewusst unkompliziert gehalten. Die Antragsteller mussten kaum Nachweise für Ihren Bedarf erbringen; oft reichte die Versicherung, dass wirtschaftliche Schwierigkeiten oder Liquiditätsengpässe aufgrund Corona bestehen. Diese Angebote verleiteten teilweise dazu, vorschnell Hilfen in Anspruch zu nehmen.
Wer bei der Antragsstellung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat, sieht sich dem Risiko ausgesetzt, wegen Subventionsbetrug strafrechtlich verfolgt zu werden.
Dabei ist es zunächst unerheblich, ob die Angaben bewusst oder versehentlich falsch oder unvollständig waren, weil bereits Leichtfertigkeit für die Strafbarkeit genügt.
Allerdings ist nicht jede falsche oder unvollständige Angabe strafbar; es muss sich um sogenannte subventionserhebliche Tatsachen gehandelt haben. Im Einzelfall bedarf es einer genauen Prüfung, ob es sich tatsächlich um subventionserhebliche Tatsachen gehandelt hat. Auch über die Frage, was genau wirtschaftliche Schwierigkeiten sind und ob sich ein Unternehmen tatsächlich in einer solchen befunden hat, kann trefflich gestritten werden.
Besonders relevant in der Praxis sind zudem Verfahren wegen Kurzarbeiter-Betrug (Verstoß gegen das KUG) durch Unternehmensverantwortliche (z.B. Geschäftsführer, Personalleiter etc.) gem. § 263 StGB.
Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz
Ziel des Infektionsschutzgesetzes ist es, der Ausbreitung von übertragbaren Krankheiten in der Bevölkerung vorzubeugen. Das Gesetz regelt zahlreiche Bereiche, von der nötigen Wasserqualität für den menschlichen Gebrauch bis zur Erlaubnispflicht für den Umgang mit Krankheitserregern. Daneben erlaubt es den Behörden Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten anzuordnen, beispielsweise Veranstaltungen zu untersagen oder Personen unter Quarantäne zu stellen.
Um die Einhaltung der Ge- und Verbote abzusichern, beinhaltet das Infektionsschutzgesetz auch Bußgeld- und Strafvorschriften. Diese fristeten bislang ein Schattendasein und kamen vor Ausbruch der Corona-Pandemie praktisch nie zur Anwendung. Weder die Polizei noch die Justiz hatte Erfahrung mit den Vorschriften; entsprechende Rechtsprechung hierzu fehlte bislang.
Neue Rechtslage
Der Gesetzgeber merkte im Zuge der Corona-Pandemie schnell, dass im Infektions-schutzgesetz das Verhältnis der Sanktionierung von Verhalten als Straftat zur Sanktionierung als Ordnungswidrigkeit nicht ausgereift und unlogisch war. Mit dem „Zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ vom 19. Mai 2020 passte er die Gesetzeslage der aktuellen Situation an und schuf eine eindeutigere und verhältnismäßigere Rechtslage.
So wurden die Strafbarkeiten durch Einfügung von Covid-19 als meldepflichtige Krankheit einerseits ausgeweitet. Andererseits wurde ein Großteil der Verstöße gegen Abstandsregeln, Höchstanzahl von Menschen etc. aus der Strafbarkeit ausgenommen. Diese können, jedenfalls wenn keine Krankheitsübertragung stattgefunden hat, nur noch als Ordnungswidrigkeiten verfolgt werden.
Die Gesetzesänderung kommt Ihnen im Übrigen auch zu Gute, wenn Ihnen eine Tat vor Erlass der Gesetzesänderung vorgeworfen wird.
Wir beraten Sie gern
Die neue Rechtslage scheint noch nicht überall angekommen zu sein. Bei den Staatsanwaltschaften werden teilweise dennoch Strafverfahren wegen des Verstoßes von Abstandsgeboten und Treffen unter Überschreitung der Höchstzahl an Personen geführt.
Wenn Ihnen ein Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz vorgeworfen wird, beraten wir Sie gern. Möglicherweise liegt auch in Ihrem Fall lediglich eine Ordnungswidrigkeit vor. In jedem Fall helfen wir Ihnen, Ihre Interessen gegenüber den Ermittlungsbehörden zu verteidigen.