Firmenbestattung als strafbarer Bankrott

Firmenbestatter können sich wegen Bankrotts strafbar machen. Das sagt der Bundesgerichtshof. Wir erklären, warum.

Der Bundesgerichtshof hat Verurteilungen mehrerer Unternehmer und eines Insolvenzverwalters bestätigt, die an einer „Firmenbestattung“ mitgewirkt hatten (BGH, Beschl. v. 9. Juni 2022 – 5 StR 407/21). Die Angeklagten waren bereits vom Landgericht Hamburg wegen Bankrotts bzw. Beihilfe dazu verurteilt worden.

Verhandelt wurde die Frage, ob die „Firmenbestattung“ den Straftatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 8 Alt. 2 StGB erfüllt. Nach dieser Vorschrift macht sich wegen Bankrotts strafbar, wer in einer „den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.“

Firmenbestattung? Was ist das?

Unter „Firmenbestattern“ versteht man Personen, die Geschäftsführern und Gesellschaftern gegen Bezahlung helfen, sich einer Kapitalgesellschaft wie einer GmbH oder einer AG zu entledigen, obwohl diese schon Merkmale einer Insolvenz aufweist. In der Regel sind an der „Firmenbestattung“ drei Personen beteiligt: Der alte Geschäftsführer der Gesellschaft und der neu eingesetzte Geschäftsführer, die beide typischerweise vermögenslos sind. Außerdem der Firmenbestatter selbst, der oft im Hintergrund mit dem alten und dem neuen Geschäftsführer zusammenwirkt und die eigentliche Organisationsarbeit leistet.

Sachverhalt der BGH-Entscheidung

Im hiesigen Fall war Herr G war als „Firmenbestatter“ tätig geworden. Zum Zweck der Firmenabwicklung gründete er eine GmbH und erwarb über diese Geschäftsanteile mehrerer Gesellschaften eines zahlungsunfähigen Reiseunternehmens von dem mitangeklagten Herrn K.

Der Firmenbestatter wurde dadurch mittelbarer Alleingesellschafter und bestellte sich zum Alleingeschäftsführer des Reiseunternehmens. Den Unternehmenssitz verlegte er an einen anderen Ort, allerdings ohne die Absicht, das Unternehmen fortzuführen. Tatsächlich wurden die Geschäfte von dem alten Firmensitz aus fortgeführt. K behielt die Entscheidungshoheit, jedenfalls intern. Nach außen sollte eine Sanierung der Gesellschaften vorgetäuscht werden, unter anderem durch Verhandlungen mit Gläubigern. Den Angeklagten sei es darum gegangen, für K eine möglichst kostengünstige und geräuschlose Abwicklung, also eine „milde“ Insolvenz zu erreichen und „zu retten, was zu retten war“.

Rechtliche Würdigung des BGH

Der Bundesgerichtshof meint, dadurch hätten die Angeklagten die wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verschleiert (siehe § 283 Abs. 1 Nr. 8 Alt. 2 StGB).

Das Merkmal der „geschäftlichen Verhältnisse“ erfasse nicht nur die Vermögensverhältnisse im engeren Sinne. Gemeint seien auch Umstände, die für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit des in der Krise befindlichen Schuldners erheblich seien. Dazu zählten, weil die Vorschrift mit Blick auf die Gläubigerinteressen auszulegen sei, auch (geplante) zukünftige Entwicklungen des Unternehmens.

Die Gläubiger seien hierüber getäuscht worden. Denn durch den Wechsel des
Gesellschafters und des Geschäftsführers verbunden mit der Verlegung des
Geschäftssitzes ohne die Absicht, die Unternehmen fortzuführen, hätten G und K verschleiert, dass die Gesellschaften tatsächlich von den Angeklagten liquidiert wurden. Mangels weiterer unternehmerischer Tätigkeit habe bereits festgestanden, dass sie die offenen Forderungen auf keinen Fall würden begleichen können und dies auch nicht wollten. Solche Maßnahmen, wie sie hier im Rahmen einer „Firmenbestattung“ vorgenommen wurden, unterfielen mithin dem Verschleierungstatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 8 Alt. 2 StGB.

Die übrigen Tatbestandsmerkmale seien ebenfalls erfüllt. Insbesondere seien die Handlungen grob wirtschaftswidrig gewesen. Sie stellten nicht nur Bagatellverstöße dar, sondern widersprächen den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft in grober Weise. Außerdem verfolgten die Handlungen das Ziel einer Gläubigerbenachteiligung.

Beihilfe zum Bankrott durch den Insolvenzverwalter

Weiterhin bestätigte der Bundesgerichtshof die Verurteilung eines weiteren Angeklagten wegen Beihilfe zum Bankrott. Dieser war als Insolvenzverwalter bestellt worden und hatte K und G schon beraten, bevor sie die Insolvenzanträge gestellt hatten. Der weitere Angeklagte habe K dabei eine „milde“ Insolvenz in Aussicht gestellt und damit den Entschluss des K verstärkt und verfestigt, die fälligen Insolvenzanträge nicht innerhalb der gesetzlichen Frist zu stellen.

Dem Insolvenzverwalter sei schon durch Vorgespräche bekannt und bewusst gewesen, dass die Gesellschaften nicht mehr in der Lage waren, ihre fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten zu erfüllen. Ebenso sei ihm bekannt gewesen, dass die Insolvenzanträge absichtlich nicht sofort gestellt worden seien. Schließlich sei er sich auch im Klaren darüber gewesen, dass der bisherige Inhaber K die Geschäfte intern fortführte und die Gesellschaften kontrolliert auf die Durchführung des Insolvenzverfahrens hingesteuert werden sollten.

Der Insolvenzverwalter habe daher gewusst, dass das Handeln der Haupttäter G und K darauf abzielte, Insolvenzstraftaten zu begehen. Wegen des positiven Wissens, habe der Angeklagte mit dem erforderlichen Beihilfevorsatz gehandelt, selbst wenn sein Handeln eine berufstypische „neutrale“ Beratung darstellen würde. Darüber hinaus bezweifelt der BGH, dass überhaupt eine „neutrale“ Beratungshandlung vorgelegen habe. Denn der Angeklagte habe im Rahmen der Beratung einen Weg aufgezeigt, wie der Bestellung anderer Insolvenzverwalter vorgebeugt werden konnte, um selbst als solcher bestellt zu werden.

Einschätzungen aus unserer Praxis

Nach der Corona-Krise sind vermehrt Firmenbestattungen zu beobachten, auch in Berlin. Außerdem registrieren wir, dass die Strafverfolgung Handlungen, die auch nur ansatzweise in den Bereich dieses Phänomens fallen könnten, verstärkt als Bankrott gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 8 Alt. 2 StGB ins Visier nimmt. Dies geht vor allem auch auf die Rechtsprechung des BGH zurück, die der Gerichtshof mit dem dargestellten Beschluss fortsetzt. Trotzdem bieten sich nach wie vor Möglichkeiten sich nicht nur in tatsächlicher, sondern auch in rechtlicher Hinsicht zu verteidigen. Hierfür ist ein Fachanwalt für Strafrecht zu empfehlen.