– Was bringt 2022 für das Wirtschaftsstrafrecht? –
Anfang des neuen Jahres nehmen wir für Sie einige relevante Entwicklungen im Bereich Wirtschaftstrafrecht aus dem vergangenen Jahr nochmal in den Blick und wagen einen Ausblick. H2W Strafrecht wird Sie auch im Jahr 2022 über die neusten Entwicklungen auf dem Laufenden halten.
Verbandssanktionsgesetz re-loaded?
Das Thema Unternehmensstrafrecht wird uns weiter begleiten:
Im Herbst 2021 war die im Koalitionsvertrag von 2018 angestrebte „Neuordnung des Sanktionsrechts für Unternehmen zur wirksamen Ahndung von Wirtschaftskriminalität“ endgültig gescheitert. Der bereits im April 2020 veröffentliche Referentenentwurf für ein Verbandssanktionengesetz (Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft) ist damit – vorerst – Geschichte. Der Entwurf sah die Möglichkeit der strafrechtlichen Sanktionierung von Unternehmen bei Taten vor, die von Leitungspersonen begangen werden oder auf Aufsichts- oder Organisationsmängel zurückzuführen sind (§ 3 VerSanG-E).
Unternehmen müssen trotz des Scheiterns des Entwurfs aufmerksam bleiben. Die neue Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag angekündigt:
„Wir überarbeiten die Vorschriften der Unternehmenssanktionen einschließlich der Sanktionshöhe, um die Rechtssicherheit von Unternehmen im Hinblick auf Compliance-Pflichten zu verbessern und für interne Untersuchungen einen präzisen Rechtsrahmen zu schaffen.“
(abrufbar https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/gesetzesvorhaben/koalitionsvertrag-2021-1990800, S. 111)
Wir behalten für Sie die weiteren gesetzlichen Entwicklungen im Blick und empfehlen, bereits jetzt die notwendigen Compliance-Maßnahmen treffen.
Geldwäschebekämpfung und Bilanzstrafrecht bleiben aktuelle Themen
Die Bekämpfung von Geldwäsche wird auch im Jahr 2022 ein aktuelles Thema bleiben. Gleichzeitig treten Änderungen im Bereich der Bilanzaufsicht und des Bilanzstrafrechts in Kraft.
2021 waren verstärkte Aktivitäten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu beobachten. Nachdem der Untersuchungsausschuss zum sogenannten Wirecard-Skandal durchaus Missstände in der Organisation der Finanzaufsicht offenbart hatte, war die BaFin offenbar um Erfolgsmeldungen bemüht. So sorgte die Aufsichtsbehörde beispielsweise im Juni des vergangenen Jahres mit dem Erlass eines Bußgeldes in Höhe von 4,25 Millionen Euro gegen die N26 Bank GmbH für Schlagzeilen. Trotz der Bemühungen um Schadensbegrenzung durch die Online-Bank dürfte der Image-Schaden enorm gewesen sein (vergleiche den Artikel im Handelsblatt: https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/finanzaufsicht-maengel-bei-geldwaeschepraevention-bafin-strafen-treffen-smartphonebank-n26-vor-finanzierungsrunde/27658320.html?ticket=ST-1544710-OLm4rIgMJCF77aWIew5X-ap1). Im November 2021 ordnete die BaFin sogar eine Wachstumsbeschränkung gegenüber der Bank an.
Im Januar 2022 berichtete das Handelsblatt nun über Schritte der Finanzsaufsicht gegen die Solarisbank (https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/neobank-solarisbank-waechst-rasant-bafin-schickt-sonderpruefer/28017262.html).
Diese verstärkte Kontrolle dürfte Banken noch schneller zu Geldwäschemeldungen veranlassen und damit gegebenenfalls zu Ermittlungen durch Staatsanwaltschaften führen.
Am 1. Januar 2022 ist zudem das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität vollständig in Kraft getreten (abrufbar unter https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zur-st%C3%A4rkung-der-finanzmarktintegrit%C3%A4t-finanzmarktintegrit%C3%A4tsst%C3%A4rkungsgesetz-fisg/272034). Neben relevanten Änderungen im Bilanzstrafrecht und im Bilanzordnungswidrigkeitenrecht wurden die Prüfungsbefugnisse der BaFin deutlich ausgeweitet. 2022 dürfte mit ersten Strafverfahren zu rechnen sein. H2W Strafrecht berät sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen – kontaktieren Sie uns gern (https://h2w-strafrecht.de/de/strafrecht-und-unternehmen/).
Sorgfaltspflichtgesetz – Ab 2023 müssen Unternehmen ihre Zulieferer stärker in den Blick nehmen
Es lohnt sich den Blick auf ein weiteres Gesetz zu richten, das ebenfalls im Jahr 2021 verabschiedet wurde: das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten, kurz Sorgfaltspflichtengesetz.
Das Gesetz wird am 1. Januar 2023 in Kraft treten. Im Koalitionsvertrag heißt es sogar, das Gesetz soll „umgesetzt und gegebenenfalls verbessert“ werden (abrufbar https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/gesetzesvorhaben/koalitionsvertrag-2021-1990800, S. 34).
Ab 2023 müssen Unternehmen ihre Zulieferer stärker in den Blick nehmen. Das Gesetz betrifft zunächst Unternehmen mit einer Arbeitnehmerzahl von 3.000 Arbeitnehmern, ab 2024 wird der Schwellenwert auf 1.000 Arbeitnehmer herabgesetzt. Zu den gesetzlich verankerten Sorgfaltspflichten zählen die Einrichtung eines Risikomanagements, Präventions- und Abhilfemechanismen sowie die Etablierung von Beschwerdeverfahren (§ 3). Im Fall von Verstößen drohen empfindliche Bußgelder, die sich bei juristischen Personen am Jahresumsatz orientieren (§ 24).
Inwieweit die Regelungen sogar auf kleinere Unternehmen ausgedehnt werden, bleibt abzuwarten. Die Anwältinnen und Anwälte von H2W Strafrecht haben für Sie den Überblick und beraten Sie gern.