Ein Ermittlungsverfahren endet im besten Fall ohne Anklage und wird eingestellt. Was ein schöner Erfolg für den Mandanten und die Verteidigung ist, wirft die Frage auf, wer in diesem Fall die Kosten der Verteidigung zu tragen hat.
Hier klären wir die wichtigsten Fragen.
Was bedeutet eine Verfahrenseinstellung?
Eine Verfahrenseinstellung bedeutet, dass das Strafverfahren ohne Anklage oder Hauptverhandlung endet. Die Staatsanwaltschaft kann – teilweise mit Zustimmung des Gerichts – das Verfahren aus verschiedenen Gründen einstellen:
- Mangels Tatverdacht (§ 170 Abs. 2 StPO): Hier liegt kein hinreichender Tatverdacht vor, weil die vorliegenden Beweise nicht für eine Anklage ausreichen oder aus rechtlichen Gründen kein Straftatbestand erfüllt ist, die Taten verjährt oder aus anderen Gründen nicht verfolgbar sind.
- Wegen geringer Schuld (§ 153 StPO): Eine Einstellung nach dieser Vorschrift kommt vor, wenn die Tat zwar voraussichtlich nachweisbar ist, die Schuld des Täters aber als gering eingestuft wird und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht.
- Gegen Auflagen (§ 153a StPO): Diese Einstellungsmöglichkeit setzt ebenfalls die voraussichtliche Nachweisbarkeit und eine geringe Schuld voraus. Der Unterschied besteht darin, dass ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht, aber durch die Auflage ausgeräumt werden kann. Häufig wird das Verfahren eingestellt, wenn der Beschuldigte bestimmte Auflagen wie Geldzahlungen oder gemeinnützige Arbeit erfüllt.
Eine Einstellung beendet das Verfahren, jedoch ohne die gleiche rechtliche Wirkung wie ein Freispruch, da sie keine Feststellung der Unschuld beinhaltet.
Wer trägt die Verteidigungskosten bei einer Einstellung?
Grundsätzlich trägt der Beschuldigte die Kosten seines Verteidigers – selbst, wenn das Verfahren eingestellt wird.
Die Strafprozessordnung (StPO) sieht nur in wenigen Ausnahmen eine Übernahme durch die Staatskasse vor. Diese Regelung betrifft vor allem Pflichtverteidiger: Wurde ein Pflichtverteidiger beigeordnet, übernimmt der Staat die Kosten.
Für Mandanten, die einen Wahlverteidiger beauftragt haben, gilt jedoch: Selbst bei einer Einstellung des Verfahrens bleibt der Beschuldigte auf den Verteidigungskosten sitzen. Dies gilt unabhängig davon, nach welcher der oben geschilderten Varianten die Einstellung erfolgt.
Grund hierfür ist, dass die Strafprozessordnung eine Erstattung der Auslagen für die Verteidigung nur im Falle eines Freispruchs vorsieht. Eine Einstellung hat jedoch gerade nicht die Rechtswirkung eines Freispruchs und damit gerade keinen Erstattungsanspruch zur Folge.
Warum übernimmt der Staat die Kosten nicht?
Die gesetzliche Regelung ist bewusst restriktiv, um die Staatskassen zu entlasten. Während der Staat die Kosten eines Pflichtverteidigers trägt, bleibt die Inanspruchnahme eines Wahlverteidigers eine freiwillige Entscheidung, die der Beschuldigte finanziell selbst tragen muss. Der Gesetzgeber sieht dies als vertretbar, da eine Verfahrenseinstellung nicht dasselbe Gewicht wie ein Freispruch hat.
Das kann allerdings als ungerecht empfunden werden: Auch eine Verfahrenseinstellung bedeutet, dass der Betroffene in vielen Fällen zu Unrecht in ein Ermittlungsverfahren verwickelt wurde und sich gegen Anschuldigungen wehren musste. Ohne juristische Unterstützung ist es oft kaum möglich, eine Einstellung zu erreichen, was die finanzielle Belastung umso schwerer wiegen lässt.
Gibt es Ausnahmen oder Entlastungsmöglichkeiten?
Eine Ausnahme von dieser Regel ist der Fall, dass der Beschuldigte nachweisen kann, dass er Opfer einer vorsätzlichen falschen Verdächtigung wurde. In solchen Fällen können Schadenersatzansprüche gegen den Verursacher bestehen, die auch die Verteidigungskosten umfassen.
Darüber hinaus bieten manche Rechtsschutzversicherungen Unterstützung bei Strafverteidigungskosten, allerdings häufig nur bei bestimmten Delikten, wie fahrlässigen Straftaten (z. B. Verkehrsunfällen). Der Umfang des Versicherungsschutzes sollte bei Vertragsabschluss sorgfältig geprüft und auch mit dem Verteidiger besprochen werden.
Ist diese Regelung gerecht?
Die Regelung wird häufig als ungerecht kritisiert. Befürworter eines umfassenderen Erstattungsanspruchs argumentieren, dass ein Ermittlungsverfahren nicht als normales Lebensrisiko betrachtet werden kann, sondern eine staatliche Belastung darstellt. Besonders für unschuldig Beschuldigte ist es schwer nachvollziehbar, warum sie trotz Verfahrenseinstellung finanziell schlechter gestellt werden als jemand, der freigesprochen wird.
Ein Erstattungsanspruch würde nicht nur für mehr Gerechtigkeit sorgen, sondern auch die finanzielle Last mindern, die durch die Inanspruchnahme eines Wahlverteidigers entsteht. Insbesondere bei Einstellungen nach § 170 Abs. 2 StPO, wo sich der Tatverdacht nicht bestätigt hat, wäre dies ein angemessener Ausgleich.
Was sollten Betroffene tun?
Wenn Sie von einem Ermittlungsverfahren betroffen sind, ist es ratsam, frühzeitig einen erfahrenen Strafverteidiger zu kontaktieren. Auch wenn die Kosten im Falle einer Verfahrenseinstellung oft an Ihnen hängen bleiben werden, ist die Vermeidung eines aufwändigen Hauptverfahrens mit Gerichtsterminen häufig unterm Strich die kostenschonendere Variante. Wichtig ist, sich mit dem Verteidiger auf eine transparente und flexible Vergütung zu einigen.
Haben Sie Fragen zu Ihren Rechten oder möchten Sie sich rechtlich beraten lassen? Kontaktieren Sie uns – wir stehen Ihnen zur Seite und unterstützen Sie in allen Phasen des Strafverfahrens.