Der Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen nach § 23 GeschGehG

Eine noch junge, gleichwohl aber gefährliche Vorschrift – für Beschuldigte und für geschädigte Unternehmen

Vorwürfe des Verrats von Geschäftsgeheimnissen kommen heutzutage fast täglich vor. Hier stellen sich für geschädigte Unternehmen, die einen entsprechenden Verdacht hegen, aber auch für beschuldigte Mitarbeiter zahlreiche wichtige Fragen.

Unsere erfahrenen Fachanwälte und Fachanwältinnen für Strafrecht beraten Sie hierzu bundesweit; sei es in der Vorfeldberatung, bei der Verteidigung oder der anwaltlichen Vertretung für geschädigte Unternehmen, etwa bei der Erstattung von Strafanzeigen, Internen Untersuchungen (Internal Investigations) etc.

Mit § 23 GeschGehG ist eine neue Vorschrift entstanden, welche die früheren Regelungen aus den §§ 17 bis 19 UWG ersetzt und gleichwohl manch altbekannte Frage aufwirft.

Die Gesetzesänderung resultiert aus der Umsetzung der „Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung“ (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32016L0943&from=DE). Obwohl diese Richtlinie eine strafrechtliche Ahndung von Verletzungen von Geschäftsgeheimnissen nicht zwingend fordert, hat sich der deutsche Gesetzgeber dazu entschlossen, ein sogenanntes Stammgesetz zu schaffen, mit welchem der Schutz von Geschäftsgeheimissen auch auf nationaler Ebene normiert werden sollte.

Die Vereinheitlichung der Rechtslage auf europäischer Ebene hat hierzulande dazu geführt, dass bereits in begrifflicher Hinsicht Unterscheidungen weggefallen sind: Während vor der Gesetzesänderung in den § 17 ff. UWG zwischen Geschäftsgeheimnissen einerseits und Betriebsgeheimnissen andererseits unterschieden wurde, ist eine solche Differenzierung dem GeschGehG fremd. Allgemein sind es nun allein die Geschäftsgeheimnisse, die auch dem Schutz des § 23 GeschGehG unterfallen.

Tatbestand des Verrats von Geschäftsgeheimnissen ist für Betroffene kaum verständlich

Definition Geschäftsgeheimnis

Was ist Geschäftsgeheimnis im Sinne dieses Gesetzes eigentlich ist, ist in § 2 GeschGehG legal definiert.

Im Sinne dieses Gesetzes ist […] Geschäftsgeheimnis eine Information, a) die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und b) Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und c) bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.“

§ 2 GeschGehG

Die Tatsache, dass die genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen, um als geschützte Information im Sinne eines Geschäftsgeheimnisses zu gelten, macht ein Verständnis für die Vielzahl an Begrifflichkeiten, die es bei der Frage nach der Strafbarkeit gemäß § 23 GeschGehG zu beachten gilt, nicht gerade einfacher.

Auch die neue Strafvorschrift des § 23 GeschGehG ist lang und komplex. Eine einzelne Norm umfasst fünf verschiedene Straftatbestände (§ 23 Abs. 1 bis 3 GeschGehG), zu denen unter anderem der klassische – im Volksmund als sogenannte Betriebsspionage bezeichnete – Fall des Geheimnisverrats von Beschäftigten zählt. Daneben normiert § 23 GeschGehG Qualifikationstatbestände und ergänzende Regelungen (§ 23 Abs. 4 & 5 bis GeschGehG).

Obwohl schon auf den ersten Blick in den Gesetzestext des § 23 Abs. 1 GeschGehG erkennbar ist, dass es sich bei § 4 GeschGehG, welcher die Handlungsverbote für sich genommen definiert, um eine zentrale Vorschrift handeln muss, bleibt für den Betroffenen nichts desto trotz oftmals unklar, welche Handlungen im Einzelnen die Strafvorschrift nun eigentlich erfüllen und welche nicht.

Was sind nun die konkreten Tathandlungen?

Klar ist jedenfalls, dass das Geschäftsgeheimnis rechtswidrig

  • erlangt,
  • genutzt oder
  • offengelegt

worden sein muss.

Liegt nicht gerade ein Fall des Ausnahmetatbestands nach § 5 GeschGehG vor – die wohl bekannteste, aber auch brisantestes Konstellation ist die Ausnahme zugunsten des Whistleblowings – ist weiterhin zu prüfen, ob der erforderliche Vorsatz gegeben ist.

Der subjektive Tatbestand ist insofern weit, als dass die Norm des § 23 Abs.1 GeschGehG von vier verschiedenen Motivlagen ausgeht. So ist etwa die Schwelle zum Merkmal der „Tatbegehung aus Eigennutz“ niedrig und schnell erreicht. Der erstrebte Vorteil kann hier jeglicher Art sein, was für den Betroffenen, der sich wegen des Verrats von Geschäftsgeheimnissen strafbar gemacht haben soll, gefährlich sein kann.  

Der Vorwurf des Verrats von Geschäftsgeheimnissen/Betriebsspionage kommt selten allein…

Nicht nur die von uns verteidigten Privatpersonen, aber auch die geschädigten Unternehmen sollten insbesondere auch wissen, dass Vorwurf der Verletzung von Geschäftsgeheinissen oftmals nicht allein erhoben wird. Kompliziert wird die Bewertung der Sachlage insbesondere auch dann, wenn es sich bei den erlangten geheimen Informationen um Daten handelt. Schnell wird parallel auch eine Strafbarkeit wegen Ausspähens von Daten (vgl. §§ 202a ff. StGB) oder der unberechtigten Übermittlung und / oder Verarbeitung von Daten nach dem § 42 Abs. 1, 2 BDSG behauptet.

Auch bei verkörperten Geheimnissen ist neben einer Strafbarkeit nach § 23 GeschGehG auch eine solche wegen Diebstahls (§ 242 StGB) oder Unterschlagung (§ 246 StGB) zu denken. Zu denken ist weiterhin insbesondere auch an einen Verdacht einer Untreue (§ 266 StGB) – der Beschuldigte hat oftmals nicht nur Zugriff auf vermögenswerte Geschäftsgeheimnisse, sondern hat als Mitarbeiter in führender Position auch die Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem betroffenen Unternehmen. Gerade leitenden Angestellten obliegt regelmäßig eine Fürsorgepflicht hinsichtlich des Vermögens des Unternehmens, was sich mitunter eben auch auf die Pflicht zur Rückgabe von Arbeitsunterlagen erstrecken kann.

Wir übernehmen die Koordination auch im Hinblick auf etwa das Zivilrecht, Datenschutzrecht, Arbeitsrecht, Wettbewerbsrecht

Daneben sind häufig auch arbeitsrechtliche und wettbewerbsrechtliche Verstöße oder entsprechende Gefahren von Relevanz. In jedem Einzelfall ist gerade das Zusammenspiel der Normen und Tathandlungen gesondert zu prüfen.

Unsere erfahrenen und auf Wirtschaftsstrafrecht spezialisierten Fachanwälte und Fachanwältinnen für Strafrecht beraten nicht nur Privatpersonen (z.B. als Beschuldigte des Vorwurfs eines Verrats von Geschäftsgeheimnissen, manchmal auch Betriebsspionage genannt), sondern auch betroffene bzw. geschädigte Unternehmen bereits im Vorfeld über bestehende Risiken, werten Geheimhaltungs- und Schutzmaßnahmen aus und unterstützen Sie dabei, sämtliche denkbaren strafrechtlichen und außerstrafrechtliche Verfahren miteinander zu koordinieren (https://h2w-strafrecht.de/de/anwaelte-anwaeltinnen/) . Falls nötig und gewünscht, arbeiten wir mit hocherfahrenen Kollegen und Kolleginnen anderer Rechtsbereiche (z.B. Arbeitsrecht, Wettbewerbsrecht etc.) zusammen und koordinieren diese. So entsteht eine ganzheitliche Beratung aus einem Guss.