Die Reform des Geldwäschegesetzes – auf der Jagd nach Eierdieben?

Seit der ab März 2021 geltenden Verschärfung des Geldwäschestrafrechts besteht ein deutlich erhöhtes Strafbarkeitsrisiko. Schon bei alltagstypischen Handlungen von Personen, die im Wirtschaftsverkehr regelmäßig Waren und Zahlungen annehmen, können empfindliche Geld- und Freiheitsstrafen drohen. Es ist daher wichtig, sich mit den Neuregelungen vertraut zu machen. Der vorliegende Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die wichtigsten Änderungen.

Zielsetzung der Reform

Die Geldwäsche wurde in Deutschland erstmals 1992 strafbar; sie diente damals primär der Bekämpfung der organisierten Kriminalität. In der Vergangenheit wurde das Geldwäschestrafrecht ein wichtiges Werkzeug zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung.

Dementsprechend wurde die Vorschrift stetig angepasst – zuletzt mit der vorliegenden umfassenden Reform. Ziel war insbesondere die Umsetzung der EU-Richtlinie zur strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche. Zudem sollte laut Gesetzesbegründung die Praxistauglichkeit des Geldwäschetatbestandes angepasst und die Geldwäschebekämpfung stärker in den Fokus der Strafverfolgungsbehörden gerückt werden, um eine noch intensivere Verfolgung zu ermöglichen.

Das Ergebnis ist nicht nur eine massive Verschärfung des Geldwäschetatbestands, sondern auch erhebliche Beweiserleichterungen für die Gerichte und Staatsanwaltschaften.

Die Neustrukturierung des § 261 StGB – der all crimes approach

Die offensichtlichste Änderung ist die Neustrukturierung des § 261 StGB. Der aus dem alten § 261 StGB bekannte Vorstrafenkatalog ist nunmehr entfallen – somit können sämtliche Straftaten mögliche Vortaten der Geldwäsche sein.

Der alte Vorstrafenkatalog umfasste als taugliche Vortaten typische Eigentums- und Vermögensdelikte, aber nur in der banden- oder gewerbsmäßigen Begehungsweise. Somit bedurfte die Anwendung des alten Geldwäschetatbestands zunächst einer Straftat von erheblichem Gewicht. Die Vortat musste von dem erkennenden Gericht festgestellt, geprüft und konkretisiert werden – daran scheiterte oftmals eine Verurteilung wegen Geldwäsche.

Der all crimes approach in der Praxis – das erhöhte Strafverfolgungsrisiko und seine Folgen

Mit Wegfall des Vorstrafenkatalogs des alten § 261 StGB kann nunmehr jede Straftat Anknüpfungspunkt für eine Geldwäsche sein. Dies führt zu einer uferlosen Ausweitung der Strafbarkeit und degradiert das Geldwäschestrafrecht vom Spezialwerkzeug gegen organisierte Kriminalität und Terrorismusfinanzierung zu einem Allerweltsdelikt.

Vor dem Hintergrund, dass für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß § 152 StPO lediglich zureichende tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich sind, wird das erheblich gestiegene Strafverfolgungsrisiko deutlich. Hier gilt es für Betroffene insbesondere zu beachten, dass bei Einleitung eines Ermittlungsverfahrens auch schnell eingreifende Ermittlungsmaßnahmen wie Durchsuchungen durchgeführt werden können. Da bei einer Durchsuchung zufällig gefundene Hinweise auf andere Straftaten verwertet werden können, ist hier besondere Vorsicht geboten.

Die Ausweitung der Strafbarkeit durch den all crimes approach

Neben dem erhöhten Strafverfolgungsrisiko ist mit der Reform auch das Risiko einer Strafbarkeit gestiegen.

Da nunmehr beispielsweise jeder Diebstahl eine taugliche Vortat sein kann, macht sich selbst derjenige einer Geldwäsche strafbar, der eine geklaute Tafel Schokolade im Wissen um deren kriminelle Herkunft annimmt. Eine Geringfügigkeitsklausel als Korrektiv, die Geldwäschestraftaten im unteren Bagatellbereich ausschließt, fehlt gänzlich.

Dies wird dazu führen, dass Gerichte und Staatsanwaltschaften statt mit Geldwäschestraftaten aus dem Bereich der organisierten Kriminalität und der Terrorismusfinanzierung vorrangig mit Geldwäschestraftaten im Bagatellbereich konfrontiert sind.

Die Beibehaltung des Leichtfertigkeitstatbestand als zusätzliche Verschärfung

Die Beibehaltung des Leichtfertigkeitstatbestandes führt zu einer zusätzlichen Verschärfung des bereits deutlich erhöhten Strafverfolgungs- und Strafbarkeitsrisikos. Für eine Strafbarkeit genügt es weiterhin, wenn man leichtfertig nicht erkennt, dass der Gegenstand aus irgendeiner Straftat stammt, § 261 Abs. 4 StGB. Zwar ist das Merkmal laut BGH streng und vorsatznah auszulegen. Es darf allerdings nicht vergessen werden, dass für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, lediglich tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. So kann alltagstypisches Verhalten schnell die Aufmerksamkeit von Ermittlungsbehörden auf sich ziehen.

Die Meldepflicht nach dem Geldwäschegesetz

Wer nicht selbst im Fokus der Strafbehörden steht, muss sich unbedingt mit der Meldepflicht nach dem Geldwäschegesetz vertraut machen – es drohen empfindliche Geldbußen.

Der § 43 des Geldwäschegesetzes begründet die Pflicht, im Verdachtsfall unabhängig vom Wert des Vermögensgegenstands eine Geldwäscheverdachtsanzeige an die zuständige Financial Intelligence Unit (FIU, siehe unter https://www.zoll.de/DE/FIU/fiu_node.html) zu erstatten. Hier ist zu beachten, dass die Pflicht nicht erst bei einem strafprozessualen Anfangsverdacht greift, sondern vorgelagert ist: Eine Geldwäscheverdachtsanzeige soll den Anstoß geben zu überprüfen, ob ein Anfangsverdacht vorliegt. Eine Verdachtsanzeige ist demnach immer dann geboten, wenn Tatsachen darauf hindeuten, dass ein Gegenstand aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche sein könnte.

Der Kreis derer, die diese Pflicht trifft, ist mittlerweile sehr umfangreich und wird in § 2 Geldwäschegesetz konkretisiert.

Zwar ist eine Geldwäscheverdachtsanzeige keine Strafanzeige, dennoch kann sie ein laufendes Geschäfts- oder Mandatsverhältnis belasten. Es ist daher ratsam, ausführliche rechtliche Beratung einzuholen, um kein Bußgeld zu riskieren.

Selbstständige Einziehung – Jetzt auch Nutzungen einziehungsfähig

Die selbstständige Einziehung kann selbst ohne konkrete Vortat bereits drastische Konsequenzen für Betroffene haben:

Gemäß § 76a Abs. 4 StGB können Gegenstände und Bargeld eingezogen werden, bei denen der bloße Verdacht besteht, dass sie aus einer rechtswidrigen Tat herrühren, selbst wenn der von der Einziehung Betroffene selbst nicht wegen einer Tat belangt werden kann. Eine konkrete Straftat muss also nicht nachgewiesen werden.

Die Folge ist, dass beispielsweise große Mengen Bargeld, die bei einer Verkehrskontrolle durch die Polizei aufgefunden werden, eingezogen werden können, selbst wenn ein Verfahren wegen Geldwäsche gegen den Eigentümer eingestellt wurde. Damit gibt es für den Betroffenen zunächst keine Möglichkeit, wieder auf das Bargeld zuzugreifen.

Nunmehr sind gemäß § 76a StGB auch gezogene Nutzungen aus inkriminierten Gegenständen erfasst. Beispielsweise sind die Erträge aus einer Immobilie, die mit inkriminiertem Geld erworben wurde, von der selbstständigen Einziehung betroffen.

Gestiegene Risiken erhöhen den Bedarf an qualifiziertem Rechtsbeistand

Nach alldem zeigt sich, dass zukünftig mit erheblich mehr Geldwäscheverfahren zu rechnen ist. Angesichts der angedrohten Strafhöhe und der massiven Ausweitung der Strafbarkeit ist es unbedingt ratsam, frühzeitig qualifizierten Rechtsrat einzuholen. Zudem sollten Unternehmen ihre Compliance-Vorgaben und Risk-Management prüfen. Letztlich ist jeder, der im Wirtschaftsleben Zahlungen oder Waren annimmt potenziell gefährdet.

Um diese Gefahren zu minimieren stehen die Anwältinnen und Anwälte von H2W Strafrecht gern zur Verfügung. Wir beraten sie umfassend zu allen strafrechtlichen Fragen. Zu weiteren aktuellen Themen im Wirtschaftsstrafrecht siehe https://h2w-strafrecht.de/de/rueckblick-und-ausblick-wirtschaftsstrafrecht/.